Abrechnung von Selbstzahlerleistungen ( IGEL)
Individuelle Gesundheitsleistungen werden immer wieder öffentlich diskutiert, dabei sind häufig skeptische Töne zu vernehmen. Die Gesetzlichen Krankenkassen weisen in ihrem IGEL-Monitor auf fehlenden medizinischen Nutzen oder sogar mögliche Schäden der am häufigsten angebotenen Leistungen hin. Wir wollen an dieser Stelle darüber keine Diskussion führen, sondern Sie vielmehr auf die Voraussetzungen hinweisen, die es Ihnen ermöglichen , IGEL-Leistungen anzubieten, von denen Sie selbstverständlich hinsichtlich des medizinischen Nutzens überzeugt sein müssen. Für das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient ist ein offener Umgang mit Selbstzahler-Leistungen unverzichtbar. Klare Regeln für das Gespräch darüber sind beide Seiten vorteilhaft, sie sollen der Transparenz dienen und Vertrauen schaffen, damit der Patient weiß, was er von der Durchführung der Wunschleistung erwarten kann.
Wie sind die IGEL-Leistungen definiert?
Dies sind ärztliche Leistungen, die von den gesetzlichen Krankenkassen nicht finanziert werden und daher von den Versicherten selbst bezahlt werden müssen.
Warum werden diese Leistungen nicht von der GKV erstattet?
Der Gemeinsame Bundesausschuss ( G-BA) ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. Er bestimmt den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und legt damit fest, was von der GKV erstattet wird.
Wann kann eine IGEL-Leistung erbracht werden?
Wenn eine Leistung nicht in dem Leistungskatalog enthalten ist, kann diese dennoch erbracht und abgerechnet werden, wenn diese als medizinisch sinnvoll von dem Arzt beurteilt wird. Es kann sich auch um neuartige Leistungen handeln, die noch nicht in dem Genehmigungsprozess des G-BA geprüft und abgesegnet wurden.
Ferner kann die ärztliche Leistung außerhalb des Versorgungsumfanges der GKV sein, wie z.B. medizinische Beratungen zu Fernreisen oder gutachterliche Bescheinigungen zur Flugtauglichkeit.
Es kann sich um Leistungen handeln, für die kein Nutzenbeleg vorliegt, die aber auch keine bedeutsamen Schäden erwarten lassen, so dass das Verhältnis von Nutzen und Schaden mindestens ausgeglichen ist.
Wenn Patienten Leistungen wünschen, die keine medizinische Zielsetzung haben, wie z.B. Schönheitsoperationen, wenn diese aber aus ärztlicher Sicht zumindest vertretbar sind.
Wenn die Patienten Zweifel am Sinn eines IGEL-Angebotes haben oder dieses auch ablehnen möchten, muss das vom Arzt respektiert werden und darf auch nicht aufgedrängt werden. Daher ist auf jeden Fall eine gewissen Entscheidungszeit dem Patienten einzuräumen .
Auch für Privatversicherte gilt :
Leistungen, die über das medizinisch Notwendige hinausgehen, darf der Arzt nur abrechnen, wenn der Patient ihnen ausdrücklich zugestimmt hat. Das ist in § 1 der GOÄ festgeschrieben.
Folgende Punkte sollten beachtet werden, bevor IGEL-Leistungen am Patienten durchgeführt und später ihm gegenüber abgerechnet werden:
- Ist die Leistung notwendig oder empfehlenswert für ein spezielles gesundheitliches Problem und wurde das dem Patienten erklärt?
- Gibt es für den Nutzen der Leistung wissenschaftliche Belege und wie verlässlich sind diese?
Wurde der Patient darüber informiert? - Fand eine verständliche Beratung zum Nutzen und möglichen Risiken oder Nebenwirkungen der Wunschleistung statt?
- Gibt es eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arzt und Patient zur geplanten IGEL-Leistung und deren voraussichtlichen Kosten ( siehe Mustervereinbarung)
- Wurde dem Patienten das Gefühl vermittelt, sich frei für oder gegen eine vorgeschlagene IGEL-Leistung entscheiden zu können?
- Wurde dem Patienten eine angemessene Bedenkzeit eingeräumt?
- Wurde dem Patienten gesagt, dass er darüber eine Zweitmeinung einholen kann?
- Wurde die Behandlung mit nachvollziehbaren Gebührenziffern berechnet? Eine pauschale Vergütung ist nicht zulässig, vielmehr muss die Leitung nach GOÄ abgerechnet werden.
- Werden die Grenzen des jeweiligen Fachgebietes beachtet und werden die Qualitätsanforderungen des medizinischen Standards eingehalten?
Welche Arten von IGEL-Leistungen kommen in Frage?
- Früherkennungsuntersuchungen
- Freizeit, Urlaub, Sport, Beruf
- Medizinisch-Kosmetische Leistungen
- Ärztliche Serviceleistungen ( Atteste, Impfungen z.B., die nicht in direktem Zusammenhang mit einer Erkrankung stehen)
- Laboruntersuchungen, nicht in Verbindung mit einer Erkrankung, als Wunschleistung
- Psychotherapeutische Leistungen
- Umweltmedizin
- Alternative Heilmedizin
- Neuartige Untersuchungs- und Behandlungsverfahren
Voraussetzung der Abrechnung:Diese Leistungen werden nicht von der GV erstattet, es liegt eine medizinisch- fachliche Qualifikation des Arztes vor, der Patient wünscht die Privatbehandlung, die Bestimmungen der GOÄ werden beachtet. Eine schriftliche Vereinbarung wird aus Beweisgründen dringend empfohlen.
Was spricht für den Ausbau des Angebotes von IGEL-Leistungen?
- Angebot einer budgetfreien individuell optimierten Behandlung des Nutzens vor den Kosten
- Angebot einer Behandlung nach modernen diagnostischen und therapeutischen Verfahren
- Einbeziehung individueller Behandlungs- und Komfortwünsche in das diagnostische und therapeutische Vorgehen
- Auf Wunsch Einbeziehung bewährter alternativer Heilverfahren in die ärztliche Behandlung
- Ausführliche Beratung über die bestmögliche Vorsorge, Diagnostik und Behandlung
- Rechnungslegung exakt nach den Bestimmungen der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte
Was sind denn die Voraussetzungen für den Erfolg eines Produktes ( = IGEL-Leistung) am Markt (=Patient)?
- Erkennbarkeit des Produktes und des Nutzens für den Patienten ( z.B.: Raucherentwöhnung)
- Erkennbarkeit der Qualität des Produktes/ der Leistung
- Der Preis steht im richtigen Verhältnis zu Nutzen und Qualität für Arzt und Patient
Muster zur Vereinbarung von Selbstzahlerleistungen und konkrete Abrechnungshinweise können bei der regional zuständigen PVS abgerufen werden.
Autor:
Peter Gabriel
Geschäftsführer der PVS Südwest GmbH, Mannheim und Karlsruhe